Eltern haften nicht automatisch – Aufsichtspflicht im rechtlichen Fokus

Das bekannte Schild „Eltern haften für ihre Kinder“ findet sich zwar auf vielen Baustellen – es ist jedoch rechtlich irreführend. Eltern haften nicht automatisch für jeden Schaden, den ihr Kind verursacht. Eine Haftung der Eltern setzt einen Verstoß gegen ihre Aufsichtspflicht voraus (§ 832 BGB).
Was gilt als ausreichende Aufsicht?
Die Anforderungen an die elterliche Aufsichtspflicht orientieren sich am Alter, der Entwicklung und dem bisherigen Verhalten des Kindes. Mit zunehmendem Alter wird vom Kind erwartet, dass es sich selbstständig und verantwortungsbewusst verhält.
Beispiele aus der Rechtsprechung:
- BGH, Urteil vom 24.03.2009, VI ZR 51/08: Ein bis dahin unauffälliges fünfjähriges Kind zerkratzt innerhalb von 20–30 Minuten mehrere geparkte Autos.Keine Haftung der Eltern, da regelmäßige Sichtkontrolle in diesen Abständen ausreicht.
- AG Prüm, Urteil vom 13.09.2006, 6 C 146/06: Ein fünfeinhalbjähriges Kind darf sich im dörflichen Raum in gewissem Umfang unbeaufsichtigt bewegen –keine Pflichtverletzung.
- OLG Hamm, Urteil vom 08.02.2013, 9 U 202/12: Ein sechsjähriges Kind fährt auf dem Gehweg Fahrrad und verursacht einen Unfall –keine Haftung der Eltern, da keine lückenlose Aufsicht erforderlich ist.
- AG Lippstadt, Urteil vom 08.11.2007, 26 C 454/07: Ein achtjähriges Kind fährt auf vertrauter Strecke allein zur Schule –keine Haftung bei Unfall, da altersgemäße Selbstständigkeit erwartet werden kann.
Privathaftpflicht: Wichtiger Schutz mit Grenzen
Viele Eltern verlassen sich auf die Privathaftpflichtversicherung. Wichtig ist: Diese tritt nur dann ein, wenn eine rechtliche Haftung besteht. Ist das nicht der Fall – etwa bei nicht deliktfähigen Kindern –, zahlt auch die Versicherung nicht. Einige Versicherer bieten jedoch freiwillige Zusatzleistungen an, die auch für deliktunfähige Kinder greifen.
Fazit
Eltern haften nicht automatisch für Schäden durch ihre Kinder. Erst wenn eine Verletzung der elterlichen Aufsichtspflicht nachgewiesen wird, kommt eine Haftung in Betracht. Die Anforderungen an die Aufsicht nehmen mit dem Alter des Kindes ab – und damit auch das Haftungsrisiko der Eltern.


