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Wann zahlt die Unfallversicherung – und wann nicht?

Ein wichtiges Urteil des Bundesgerichtshofs zu „Bewusstseinsstörungen“
Viele Menschen verlassen sich darauf, dass ihre Unfallversicherung im Ernstfall zahlt. Doch was passiert, wenn der Unfall durch einen kurzen „Blackout“ oder Schwindel ausgelöst wird? Immer wieder stellen wir fest, das ein Großteil der Versicherten an ihrer Unfallversicherung festhalten und nicht erkennen, wie wichtig eine Überprüfung besonders alter Verträge ist. Genau darüber hat der Bundesgerichtshof (BGH, 17.05.2000, IV ZR 113/99BGH) entschieden – in einem Fall, der für viele Versicherte bis heute wichtig ist und zeitgt deutlich auf, das Kontrolle der eigenen Verträge wichtiger ist, als der Glaube, das man super beraten wurde und immer alles gut gelaufen ist.
Der Fall:
Ein Handwerker hatte eine private Unfallversicherung abgeschlossen. Eines Tages wurde ihm beim Autofahren „schwarz vor Augen“. Für wenige Sekunden verlor er die Kontrolle über sein Fahrzeug und verursachte einen schweren Unfall. Dabei verletzte er sich so stark, dass er seinen Beruf nicht mehr ausüben konnte.
Der Mann wollte von seiner Unfallversicherung eine Invaliditätsleistung in Höhe von rund 288.000 DM (etwa 147.000 €). Die Versicherung lehnte ab – mit der Begründung: Der Unfall sei durch eine Bewusstseinsstörung verursacht worden, und solche Fälle seien laut Versicherungsbedingungen vom Schutz ausgeschlossen.
Der Streit vor Gericht:
Während das Landgericht die Klage abwies, gab das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe dem Mann teilweise Recht. Es sah in der kurzen Ohnmacht keine „Bewusstseinsstörung“ im Sinne der Versicherungsbedingungen.
Doch die Versicherung zog vor den BGH (Bundesgerichtshof) – und dort bekam sie zunächst recht: Der BGH hob das Urteil auf und schickte den Fall zur erneuten Prüfung zurück.
Was der BGH entschieden hat:
Der Bundesgerichtshof stellte klar:
- Es kommt nicht darauf an, was der Versicherer früher mit der Klausel meinte.
Die Entstehungsgeschichte alter Vertragsbedingungen spielt keine Rolle. Entscheidend ist, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer die Klausel heute verstehen kann. - Eine Bewusstseinsstörung liegt auch dann vor, wenn die Reaktionsfähigkeit kurzzeitig stark beeinträchtigt ist.
Es muss also keine vollständige Ohnmacht sein – auch wenige Sekunden Schwindel oder „Blackout“ können ausreichen, wenn dadurch die Kontrolle verloren geht. - Jeder Fall muss einzeln geprüft werden.
Ob tatsächlich eine Bewusstseinsstörung vorlag, hängt davon ab, wie stark die Wahrnehmung und Reaktionsfähigkeit beeinträchtigt waren und wie gefährlich die Situation war (zum Beispiel beim Autofahren).
Was bedeutet das für Versicherte?
Dieses Urteil zeigt deutlich, wer wegen eines kurzen Schwindel- oder Ohnmachtsanfalls einen Unfall hat, bekommt nicht automatisch Geld aus der Unfallversicherung. Entscheidend ist, ob die Ursache medizinisch gesehen als „Bewusstseinsstörung“ gilt – und ob diese Störung den Unfall erst möglich gemacht hat. Wenn Versicherer die Möglichkeit haben, aufgrund entsprechender Ausschlüsse in der AUB (Allgemeine Unfallbedingungen) eine Leistung ablehnen zu können, so werden sie es auch tun.
Versicherte sollten daher:
- Ihre Gesundheitsangaben und Unfallberichte sollten Sie sehr genau formulieren,
- bei Ablehnungen fachkundigen Rat (z. B. von uns als Sachverständigen oder Fachanwalt) einholen,
- und wissen, dass Gerichte den Begriff „Bewusstseinsstörung“ eher weit auslegen.
Fazit:
Das BGH-Urteil verdeutlicht, wie wichtig die Kontrolle der bestehenden Unfallversicherungen sind. Die Auslegung der Versicherungsbedingungen ist sehr unterschiedlich und kann den Versicherungsschutz kosten und das können mehrere 100.000 Euro sein. Schon kleine Formulierungen entscheiden darüber, ob die Versicherung zahlen muss – oder nicht. Bestehende Verträge können über uns geprüft werden und erstellen gerne Ihnen ein Privat-Gutachten.

Bert Heidekamp
Autor, Versicherungsfachwirt- und Makler, Analyst, BDSF-Sachverständiger für biometrische Risiken, Gründer des QUALITÄTS AWARD






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