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Saarländisches Oberlandesgericht entscheidet über Rückforderung von Versicherungsleistungen

In einem Urteil des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 9. Februar 2022 (Az. 5 U 53/21) wurde ein Fall verhandelt, in dem eine Versicherung die Rückzahlung von zu hoch angesetzten Versicherungsleistungen verlangte. Der Fall verdeutlicht, welche Rechte und Pflichten für Versicherungsnehmer und Versicherer im Zusammenhang mit der Neubemessung von Invaliditätsgraden gelten.
Hintergrund des Falls
Der Beklagte hatte bei der Klägerin, einer Versicherung, eine Unfallversicherung abgeschlossen. Nach einem Treppensturz, der zu einer Oberschenkelhalsfraktur führte, wurde im Rahmen einer ersten ärztlichen Begutachtung eine unfallbedingte Invalidität von 21 Prozent festgestellt. Auf Basis dieser Bewertung zahlte die Versicherung dem Beklagten eine Invaliditätsleistung von 24.159 Euro aus.
Gemäß den Versicherungsbedingungen hatten sowohl der Versicherungsnehmer als auch der Versicherer das Recht, innerhalb von drei Jahren nach dem Unfall eine Neubemessung der Invalidität vornehmen zu lassen. Auf Veranlassung des Beklagten wurde eine solche Neubemessung durchgeführt. Diese ergab jedoch einen deutlich geringeren Invaliditätsgrad von nur 14 Prozent. Daraufhin forderte die Versicherung die Rückzahlung eines Differenzbetrags in Höhe von 8.053,26 Euro, da der Beklagte eine überhöhte Leistung erhalten hatte.
Der gerichtliche Streit
Der Beklagte weigerte sich, die Rückforderung der Versicherung anzuerkennen. Er argumentierte, dass die Neubemessung der Invalidität auf seine Initiative hin erfolgt sei und die Versicherung daher keinen Anspruch auf Rückforderung habe. Zudem stellte er die Bewertung der ärztlichen Gutachten infrage.
Das Landgericht Saarbrücken gab der Klage der Versicherung jedoch statt. Es sah die Überzahlung als nachgewiesen an und befand, dass die Versicherung gemäß den vertraglichen Bedingungen und dem geltenden Bereicherungsrecht zur Rückforderung berechtigt sei. Der Beklagte legte Berufung gegen dieses Urteil ein, die schließlich vor dem Saarländischen Oberlandesgericht verhandelt wurde.
Urteil des Saarländischen Oberlandesgerichts
Das Saarländische OLG wies die Berufung des Beklagten zurück und bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. Das Gericht entschied, dass die Versicherung nicht an ihre ursprüngliche Bewertung des Invaliditätsgrades gebunden sei. Auch ohne einen ausdrücklichen Vorbehalt auf Seiten der Versicherung war diese berechtigt, bei einer fehlerhaften Erstbewertung eine Rückforderung zu stellen.
Das Gericht stellte fest, dass die Rückforderung auf der Grundlage des Bereicherungsrechts (§ 812 Abs. 1 BGB) gerechtfertigt war, da die ursprünglich gezahlte Summe den tatsächlichen Invaliditätsgrad des Beklagten überstiegen hatte. Zudem konnte sich der Beklagte nicht darauf berufen, dass ihm die Erstzahlung dauerhaft zustehe. Die Versicherung hatte ihm im Abrechnungsschreiben explizit mitgeteilt, dass eine Neubemessung der Invalidität zu einer Anpassung der Zahlungen führen könne.
Keine Bindung an Erstbewertung
Das Gericht hob hervor, dass die Versicherung nicht an die ursprüngliche Invaliditätsbewertung gebunden sei, wenn diese sich später als fehlerhaft herausstelle. Auch wenn der Versicherungsnehmer die Neubemessung initiiert, kann die Versicherung den überzahlten Betrag zurückfordern.
Die Revision wurde vom OLG nicht zugelassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung habe und keine einheitliche Rechtsprechung gefährdet sei.
Unser Kiko-Schutzengel-Tipp und Fazit
Das Urteil des Saarländischen Oberlandesgerichts zeigt, dass Versicherer bei einer Neubemessung des Invaliditätsgrades auch ohne ausdrücklichen Vorbehalt eine Rückforderung überhöhter Leistungen geltend machen können. Für Versicherungsnehmer bedeutet dies, dass sie im Falle einer Neubewertung damit rechnen müssen, dass bereits gezahlte Beträge zurückgefordert werden können, wenn sich der Invaliditätsgrad als geringer erweist als ursprünglich angenommen.















